Behandlung: Strahlentherapie
Strahlentherapie des Morbus Dupuytren / Ledderhose
Womit wird bestrahlt?
Strahlentherapie ist eine nicht-operative Behandlung, die den Fortschritt der Krankheit bereits im frühen Stadium (Stadium N) in vielen Fällen verlangsamen oder aufhalten kann. Hierbei werden die betroffenen Bereiche der Hand oder des Fußes mit einem Sicherheitsabstand von 0,5 – 2 cm mit Hilfe von Röntgenstrahlung (z. B. 120 kV) oder Elektronen (4 – 10 MeV) bestrahlt. Bereiche, die nicht betroffen sind, werden bei Röntgenstrahlen mit Abschirmungen aus Blei ausgeblendet; Elektronen können entsprechend gelenkt werden, womit ebenfalls eine individuelle Anpassung des Strahlenfeldes möglich ist.
Um das gesunde Gewebe zu schonen, erfolgt die Bestrahlung über mehrere Tage verteilt („Fraktionierung“). Verschiedene Konzepte haben sich bewährt: als Einzeldosen werden meist 2 – 4 Gy gegeben, in der Gesamtdosis wurden klinische Erfahrungen mit 15 – 40 Gy gemacht. Als Gesamtdosis werden oft 30 Gy (10 Bestrahlungen zu je 3 Gy in zwei Serien von 15 Gy), manchmal aber auch nur 21 Gy (7 Bestrahlungen zu je 3 Gy in einer Serie) oder 15 Gy eingesetzt. Wird das erste Bestrahlungskonzept gewählt, so werden die ersten fünf Behandlungen an fünf aufeinander folgenden Tagen (z. B. Montag bis Freitag) mit einer Einzeldosis von 3 Gy bis zu einer Dosis von 15 Gy bestrahlt; nach einer Pause von 8 – 16 Wochen (2 – 4 Monate) erfolgt die zweite Bestrahlungsserie in gleicher Weise über eine Woche bis zu einer Gesamtdosis von 30Gy.
Wichtig: vor der Bestrahlung alle Knoten und Stränge genau diagnostizieren
Bevor die Behandlung beginnt, muss der zu bestrahlende Bereich festgelegt werden. Dabei ist es wichtig, dass alle Knoten erkannt und im Behandlungsfeld eingeschlossen werden. Andererseits sollte gesundes Gewebe möglichst nicht bestrahlt werden. Für die Diagnose genügt i.a. Abtasten durch einen mit Dupuytren erfahrenen Arzt. MRTs sind i.a. nicht nötig, können aber manchmal nützlich sein. Das unten stehende Bild zeigt, welche Knoten der Patient selbst erkannt hat (links) und das Ergebnis der Diagnose durch den Facharzt (rechts).
Knoten, wie sie vom Patienten gefunden wurden (links),
und die zusätzlich durch den Arzt gefundenen Knoten und Stränge (rechts).
(Veröffentlicht mit der Zustimmung des Patienten und von H. Seegenschmiedt, Strahlenzentrum Hamburg Nord)
Falls der Strahlentherapeut noch wenig Erfahrung mit Dupuytren hat, kann u.U. ein Handchirurg die Hand abtasten und die Krankheitsherde markieren.
Bilder von der Therapie
Mit Elektronenstrahlen:
Der zu bestrahlende Bereich ist auf der Hand markiert. | Die Hand ist bereit zur Bestrahlung. Es wird hier keine Abschirmung benötigt, weil der Elektronenstrahl gebündelt werden kann. |
Mit Röntgenstrahlen:
Strahlentherapie der Dupuytren’schen Krankheit mit Röntgenstrahlen. Die Strahlung wird durch das Gerät selbst abgeschirmt, eine Bleimaske zwischen Konus und Hand schützt die gesunden Teile der Hand, eine Bleischürze den Unterleib.
(Dieses Bild wurde zur Verfügung gestellt von Prof. H. Seegenschmiedt)
Eine erste Nachuntersuchung sollte 3 Monate und eine weitere 12 Monate (1 Jahr) nach Abschluss der Behandlung erfolgen: dabei wird vor allem untersucht, inwieweit sich die vorherigen Knoten und Stränge verändert haben und ob es zu funktionellen Einschränkungen der Finger- und Handfunktion gekommen ist; weiterhin wird untersucht, ob langfristig Veränderungen in dem bestrahlten Gebiet aufgetreten sind. Dazu ist eine sorgfältige Dokumentation der Erkrankung vor Beginn der Therapie und im langfristigen Verlauf notwendig (z. B. Fotografie, Erhebungsbögen).
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Positive Wirkungen der Strahlentherapie
Eine Strahlenbehandlung ist nur bei aktiver und zunehmender Erkrankung und vor allem im Anfangsstadium der Krankheit sehr wirkungsvoll. Dabei werden die Zellen, die für die Knotenbildung verantwortlich sind, die sogenannten Fibroblasten (= Mutterzellen des Bindegewebes) durch die Bestrahlung in ihrer Teilungsfähigkeit stark eingeschränkt, wodurch die weitere Knotenbildung unterbunden oder reduziert wird. So können kleine Knoten sogar vollständig verschwinden und erscheinen dann lange Zeit nicht wieder. Oft bleibt die Erkrankung auf dem Stand zum Zeitpunkt der Bestrahlung stehen.
Nur ein kleiner Teil der Patienten zeigt nach der Bestrahlung im Verlauf ein weiteres, oft aber verlangsamtes Fortschreiten der Erkrankung. In den fortgeschritteneren Stadien der Krankheit, z. B. wenn einzelne oder mehrere Finger schon gekrümmt sind, kann die Strahlentherapie das weitere Fortschreiten der Krankheit nicht mehr zuverlässig aufhalten. Generell können gekrümmte Finger durch die Strahlentherapie nicht wieder streckbar gemacht werden.
Bei einer Untersuchung der Universität Erlangen konnte festgestellt werden, dass auch nach 10 Jahren bei 84 % der untersuchten Patienten im Stadium N (nur Knoten und Stränge) und 67 % im Stadium N/I (Beugekontraktur 1-5°) der Krankheitszustand stabil oder besser war (siehe die unten zitierte Arbeit von Adamietz und anderen).
Die folgende Abbildung ist einem Vortrag von Seegenschmiedt et al. bei der amerikanischen ASSH (=Handchirurgen)-Konferenz 2006 entnommen. Sie beschreibt die möglichen klinischen Einflüsse der Bestrahlung: (1) Rückgang der Symptome, (2) Stillstand der Erkrankung oder (3) Verzögerung des Krankheitsverlaufes. Dadurch kann eine Operation (OP = Stern) hinausgezögert oder eventuell sogar ganz vermieden werden. Die blauen Kurven beschreiben qualitativ der Krankheitsverlauf nach der Strahlentherapie, wobei die gestrichelte Linie eine mögliche „Heilung im Frühstadium“ andeutet. Die roten Linien zeigen den möglichen Verlauf bei chirurgischer Behandlung.
Weitere Details entnehmen Sie bitte der vollständigen Präsentation (in Englisch).
Zusammenfassung: Durch die Bestrahlung der „aktiven Krankheitsherde“ im Frühstadium kann eine Operation (OP) hinausgezögert oder eventuell ganz vermieden werden. Falls jedoch die Bestrahlung im Frühstadium nicht hilft, ist auch zu einem späteren Zeitpunkt immer noch ein chirurgischer Eingriff möglich.
Im frühen Stadium bestrahlen!
Gerade wenn die Krankheit noch nicht zu einer Krümmung geführt hat, ist die Frage, wann bestrahlt wird, wichtig. Die Wirkung der Strahlentherapie sind desto besser, je früher ein entdeckter Knoten bestrahlt wird. Dies zeigen Ergebnisse von Betz et al. („Radiotherapy in Early Stage Dupuytren’s Contracture – Long Term results after 13 Years“ Strahlenther Onkol 186 (2010) p 82-90, long_term_results_radiotherapy).
Ein Problem der Strahlentherapie ist deshalb, dass viele Patienten ihren Haus- oder Facharzt nicht im frühen Stadium konsultieren, solange die Knoten erst einige Millimeter groß sind und die Strahlentherapie am wirkungsvollsten ist. Ein weiteres Problem ist, dass die Möglichkeiten der Strahlentherapie des Dupuytren generell und auch bei vielen Fachärzten nicht bekannt sind. Deshalb verweisen wir auf hier auf Kliniken in Deutschland, die mit der Strahlenbehandlung langjährige Erfahrung haben, und auf Einrichtungen, die langfristig eine begleitende klinische Forschung durchführen.
Wer sollte bestrahlt werden?
Vermutlich der weitaus größte Teil der Menschen mit Dupuytren muss im Laufe des Lebens nie behandelt werden. Wieviele Menschen es in Deutschland mit Dupuytren-Symptomen gibt, kann derzeit nur geschätzt werden. In Holland und Belgien wurden Erhebungen dazu gemacht und wenn man diese Prozentzahlen übernehmen kann, gibt es in Deutschland ca. 8 – 10 Millionen Menschen mit Dupuytren-Symptomen, die meisten nur mit kleinen Knoten. Behandelt werden in Deutschland ca. 40.000 Patienten im Jahr (Doku_GBA; die dort angegebenen Zahlen sind etwas niedriger, umfassen aber nur operierte GKV-Patienten).Wenn man annimmt, dass im Schnitt die Symptome 30 Jahre lang vorliegen, dann werden in 30 Jahren 30 x 40.000 = 1,2 Millionen behandelt. Das sind ca. 15%. Also nur jeder sechste der Menschen mit Dupuytren-Symptomen wird im Laufe seines Lebens überhaupt behandelt. Die große Mehrheit lebt einfach damit, wahrscheinlich ziemlich problemlos und ohne schwere Kontraktur.
Deshalb wäre es sicher nicht richtig, jedem Patienten mit Knoten eine Bestrahlung zu empfehlen. Die Bestrahlung ist ein gutes Mittel um einen aggressiven Verlauf einzudämmen und eine OP hinaus zu zögern. Aber bei weitem nicht jeder Knoten muss bestrahlt werden. Um zu erkennen, ob ein Knoten oder Strang bestrahlt werden sollte, beobachten deshalb Strahlentherapeuten meistens erst einmal den Krankheitsverlauf über einige Monate bevor Sie entscheiden, ob bestrahlt werden soll. Neben einem aggressiven Krankheitsverlauf können aber auch Schmerzen oder z.B. bei Ledderhose eine Gehbehinderung Gründe sein sich für eine Bestrahlung zu entscheiden.
Strahlentherapie der Ledderhose-Krankheit
Das oben Gesagte gilt analog auch für die Ledderhose-Krankheit. Anders als bei der Dupuytren-Krankheit treten bei der Ledderhose-Krankheit kaum Stränge, dafür aber größere Knoten auf. Die Strahlentherapie behandelt diese auch im fortgeschrittenen Stadium. Die folgenden Bilder wurden uns von Dr. Herkströter von den Städtischen Kliniken Frankfurt/M.-Höchst zur Verfügung gestellt und zeigen die Vorbereitung einer Behandlung mit Röntgenstrahlen.
Markieren des Ledderhose-Knotens (im Zentrum) und der zu bestrahlenden Fläche vor der Behandlung.
Der nicht zu bestrahlende Teil des Fußes wird bei Behandlung mit Röntgenstrahlen durch eine angepasste Bleimaske geschützt.
Behandlungsposition. Das Röntgengerät ist an den Fuß angesetzt.
(die Bilder wurden uns von den Städtischen Kliniken Frankfurt/M.-Höchst zur Verfügung gestellt)
Wirkung der Bestrahlung bei Morbus Ledderhose
Folgende Bilder stellte uns eine Patientin zur Verfügung, bei der Morbus Ledderhose schon sehr ausgeprägt war.
Fußsohle mit großen Knoten vor der Bestrahlung:.
Etwa 2 Monate nach der Bestrahlung sind die Knoten nicht verschwunden, aber deutlich kleiner geworden.
Die Patientin schreibt dazu: „Ich bin mit dem Zustand inzwischen sehr zufrieden. Ich habe viel weniger Probleme beim Gehen und kaum mehr Schmerzen.“
Mögliche Nebenwirkungen der Strahlentherapie der Dupuytrenschen Krankheit
Literatur zur Strahlentherapie des Morbus Dupuytren und Ledderhose