Dupuytren – Alter und Gene

Dupuytren - Alter und Geschlecht beeinflussen die Krankheit

Die Dupuytren-Krankheit tritt meist erstmals im mittleren Lebensalter auf, bei Männern im Durchschnitt früher als bei Frauen. Gelegentlich wurde die Dupuytrensche Krankheit auch schon bei Kindern beobachtet, z. B. bei einem 10-jährigen Jungen „Dupuytren’s disease in a child: a case report“ Dupuytren-child-abstract.

Alter bei Beginn der Dupuytren-Krankheit bei Männern und Frauen

Beginn der Dupuytren-Krankheit in Abhängigkeit vom Alter. Abb. wiedergegeben mit Genehmigung des Springer-Verlags aus G. Dolmans and H. Hennies „The Genetic Basis of Dupuytren’s Disease: An Introduction“ in Ch. Eaton et al. (Hg.) „Dupuytren’s Disease and Related Hyperproliferative Disorders“ (Springer, 2012). Siehe auch unsere Patientenumfrage.

Man schätzt, dass ca. 20-25 % der über 50-Jährigen – und hier Männer häufiger als Frauen – und 40-50 % der 80-Jährigen in der Bevölkerung (in diesem Alter Männer und Frauen dann etwa gleich häufig) betroffen sind. In Deutschland wurden noch keine genauen Zahlen erhoben, aber Untersuchungen in Belgien (Flandern) finden bei den über 50-Jährigen Symptome der Dupuytren-Krankheit bei 32% (Ilse Degreef und Luc de Smet „A high prevalence of Dupuytren’s disease in Flanders“ Acta Orthop Belg 76 (2010) 316-320). Für die Niederlande finden R. Lanting et al. 22% („Prevalence of Dupuytren Disease in The Netherlands“ Plast Recon Surg 132 (2013) 394-403). Dabei sind alle Symptome erfasst, also auch kleine Knoten oder Hauteinziehungen, die nicht notwendigerweise behandelt werden müssen. Operativ oder minimal-invasiv werden in Deutschland jährlich ca. 40-45.000 Patienten behandelt (Hochrechnung aus G-BA-Unterlagen).

Prävalenz der Dupuytren-Krankheit für verschiedene Altersgruppen

Abbildung aus Douglas Ross „Epidemiology of Dupuytren’s Disease“ in R. Tubiana and G. Rayan (Eds.) „Dupuytren’s Disease“ Hand Clinics 15 (1999), veröffentlicht mit Genehmigung von Elsevier.

In Veröffentlichungen wird oft berichtet, dass die Dupuytrensche Kontraktur bei Männern x mal häufiger auftritt als bei Frauen, wobei x meistens einen Wert zwischen 2 und 8 hat. Dieses Verhältnis wird berechnet, indem die behandelten Patienten gezählt werden und ist eigentlich irreführend. Wie das obige Bild zeigt, setzt die Dupuytren-Krankheit bei Männern deutlich früher ein als bei Frauen. Das hat zur Folge, dass Männer häufiger behandelt werden und führt dann zu den berichteten Zahlenverhältnissen, die aber offensichtlich stark vom Durchschnittsalter der untersuchten Gruppe abhängen. Etwas abweichend vom obigen Bild berichten Forscher, dass in der Gruppe mit mehr als 80 Jahren der Anteil von Männern und Frauen in etwa gleich ist (z. B. die Doktorarbeit von Moermans  J.P. Moermans), Mikkelsen beobachtet in der obigen Veröffentlichung ein Verhältnis von Männer : Frauen von 1.2 : 1 f für die Altersgruppe 85 – 89). Männer leiden im Durchschnitt unter einer stärkeren Ausprägung der Krankheit, möglicherweise wegen des bei ihnen früheren Einsetzen der Krankheit.

Ein ähnliches Bild ergibt sich aus der Untersuchung von Ilse Degreef und Luc de Smet „A high prevalence of Dupuytren’s disease in Flanders“ Acta Orthop Belg 2010, 76: 316-320. Die Autoren zeigen darin die Altersabhängigkeit für verschiedene Stadien des Morbus Dupuytren:

Erkrankungen von Männer und Frauen im Stadium 1 in Abhängigkeit vom AlterPrävalenz bei Männern und Frauen im Stadium 2 der Dupuytren-Krankheit
Prozentzahl der an Dupuytren im Stadium 1 Erkrankten in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht (Degreef und Smet, siehe Text).
Prozentzahl der an Dupuytren im Stadium 2 Erkrankten in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht (Degreef und Smet, siehe Text).

Im Stadium 1 (=Kontraktur weniger als 45 Grad) ist der frühere Beginn bei Männern noch etwas erkennbar, im Stadium 2 (= Kontraktur zwischen 45 und 90 Grad) ist die Verteilung bei den Frauen fast unabhängig vom Alter, während sie bei den Männern mit zunehmendem Alter deutlich ansteigt. Der Grund für diesen Unterschied ist nicht bekannt. Die Autoren vermuten als mögliche Ursache eine höhere traumatische Belastung bzw. Vorbelastung der Männer, wobei hier mit Trauma eine Verletzung gemeint ist.

Der Grund, warum die Dupuytrensche Kontraktur bei Männern in jüngeren Jahren auftritt als bei Frauen ist ebenfalls ungeklärt. Auch hier ist eine mögliche Erklärung die stärkere Beanspruchung der Hand bei Männern. Einen anderen Erklärungsansatz verfolgt A. Pagnotta et al. „Androgen receptors in Dupuytren’s contracture“ J. Orthop. Res. 20 (2002) 163-168 abstract

Einige Untersuchungen finden sogar einen niedrigen Anteil von Männern über 80 und erklären das durch eine höhere Sterblichkeit der Dupuytrenpatienten (Wilbrand et al (2005), Gudmundsson et al (2002) und Mikkelsen et al. (1999) ). Der Grund für diese höhere Sterblichkeit – falls sie wirklich existiert – ist bisher noch unklar.

Die eigentliche Ursache des Morbus Dupuytren ist vermutlich eine erbliche Veranlagung, kombiniert mit einem oder mehreren Auslösern, zum Beispiel Verletzungen. Die vollständige Lokalisierung im Genom steht noch aus, erste Hinweise geben genom-weite Untersuchungen von Dolmans et al. „Wnt Signaling and Dupuytren’s Disease“ N Engl J Med 365 (2011): 307-17 GWAS und Michael Ng et al. (2017) full_text_GWAS .

Geographische Verbreitung der Dupuytren-Krankheit

Die Dupuytren-Krankheit (Dupuytren’sche Kontraktur) tritt überwiegend in Mittel- und Nordeuropa sowie in Nordamerika, dagegen seltener in Afrika auf. In neuerer Zeit sind Fälle aus Japan, Indien, China und Südostasien berichtet worden, wobei die Häufigkeit in Japan wohl etwa gleich ist wie in Europa, der Verlauf jedoch leichter. Die Prävalenz beträgt in den westlichen Industrieländern insgesamt 1 – 3 % und ist in Frankreich, Irland und Schottland mit ca. 17 % am höchsten. Relativ häufig ist die Krankheit auch in Australien. Insgesamt sind diese Prozentzahlen aber mit Vorsicht zu bewerten, denn nur für wenige Länder gibt es systematische Untersuchungen und wo es Untersuchungen gibt, sind die Kriterien nicht einheitlich, sodass Vergleiche zwischen den Ländern schwierig sind.

In Deutschland schätzt man die Gesamtzahl der MD-Patienten auf 1,3 – 1,9 Millionen (Brenner, 2001). Die folgende Abbildung zeigt die Prozentsätze von Erkrankten in verschiedenen Ländern und widerlegt die These, dass die Dupuytrensche Krankheit eine Krankheit der Kelten oder Wikinger ist.

Dupuytren_geographics
Belgien: Degreef 2011, Bosnien: Zerajic 2011, Japan: Egawa 1985, Norwegen: Mikkelsen 1972, Schottland: Lennox 1993, Spanien: Guitian 1988

Anders als früher angenommen scheint die Dupuytrensche Kontraktur auch in mediterranen Ländern aufzutreten. Eine Studie in Bosnien-Herzegowina ergab eine sehr hohen Prozentsatz (11-17 % in der Altersgruppe 50 – 54 Jahre, 41 – 75 % bei 75 -79 Jahre; der erste Wert jeweils für Frauen) Volltext-Dupuytren-Bosnien. Die Autoren stellen hohe Prävalenz bei der kroatisch und serbischen Bevölkerung, eine niedrigere bei der männlichen muslimischen Bevölkerung fest, obwohl die beiden Bevölkerungsgruppen eng miteinander verwandt sind.

Die 1985 von Hueston aufgestellte Vermutung, dass die Dupuytren-Krankheit eine „Wikinger-Krankheit“ sei, die durch die Wikinger oder Nordmänner verbreitet wurde, ist eher eine romantische Vorstellung und inzwischen durch eine Genomuntersuchung von Michael Ng et al. widerlegt  („Is Dupuytren’s disease really a ‘disease of the Vikings’?“ in JHS (2019) Full_text). Der älteste Hinweis auf eine Dupuytren-Kontraktur findet sich vermutlich an einer 3.000 Jahre alten ägyptischen Mumie http://www.nba.fi/fi/File/1140/hautakaivausjulkaisu.pdf (Seite 100, Fig 6 G-F).

Bezüglich des Auftretens der Dupuytren-Krankheit in Asien siehe auch D. Slattery „Review: Dupuytren’s disease in Asia and the migration theory of Dupuytren’s disease“ ANZ J Surg. 2010 Jul-Aug;80(7-8):495-9 abstract.

 

Aktualisiert am 08.08.2024