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Die PNF und ihre Bewertung durch die Lobbyisten (G-BA)
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09.05.13 17:03
gerdos 

Moderator

09.05.13 17:03
gerdos 

Moderator

Die PNF und ihre Bewertung durch die Lobbyisten (G-BA)

Im Dokument (Dossier) Modul 3 A des GBA vom 1.11.2011 fand ich folgende Bewertung der PNF (Dem G-BA wird vorgeworfen, er sei ein Instrument von Krankenkassen und Politik zur Rationierung im Gesundheitswesen zulasten der Patienten. - wikipedia):

"Die PNF eignet sich selbst bei Aufteilung auf mehrere Anwendungsgebiete nicht als
zweckmäßige Vergleichstherapie in Deutschland. Insgesamt kommt dieser Behandlungsoption in Deutschland in der Praxis nur ein Nischendasein zu. Die bei weitem häufigste in Deutschland angewandte Methode ist die
Fasziektomie, insbesondere die partielle Fasziektomie, mit einem Versorgungsanteil von über 80% (Dias et al., 2011, AMS GmbH, 2011). Sie gilt als Standardtherapie und wird präferentiell auch bei Kontrakturen der Tubiana-Grade I und II eingesetzt. Deutlich weniger als 10% der Fälle werden hingegen durch PNF behandelt. Eine vorzugsweise Behandlung von Kontrakturen der Grade Tubiana I und II, wie durch den G-BA festgelegt, ist aus den vorliegenden Daten nicht ableitbar (siehe Abschnitt Perkutane Nadelfasziotomie (PNF)):

Eine Schätzung unter niedergelassenen Fachärzten ergab für die PNF einen vermuteten Anteil von weniger als 10% (9,7 +/- 1,7%) der durchgeführten Prozeduren (AMS GmbH, 2011). Stichprobenauswertungen von Patientenakten (Dias et al., 2011) berichten einen Anteil von 4%. Die Auswertung von Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherungen zeigen niedrigere Werte. Im Jahr 2008 sind von insgesamt 14.540 in klinischen Hauptabteilungen wegen Dupuytren’scher Kontraktur durchgeführten Eingriffen nur 24 unter der Ziffer 5-842.1 (Fasziotomie, perkutan) abgerechnet worden. Das entspricht 0,17%. Im ambulanten und belegärztlichen Bereich zeigen die Zahlen für 2009 ähnlich niedrige Frequenzen. Von insgesamt 40.495 abgerechneten OPS-Ziffern 5-824.ff entfielen auf 5-824.1 30 Abrechnungsvorgänge (0,07%) (Rüggeberg, 2010).

Fazit
Da es sich bei PNF auch in den durch den G-BA genannten Stadien um eine in Deutschland nicht als Standardtherapie eingesetzte und damit insoweit nicht etablierte Therapie handelt, kann es sich nicht um eine Vergleichstherapie handeln, die sozialrechtlich zweckmäßig wäre."

Ich bin sehr empört und finde es einen Skandal, dass mit einer derartigen Sprachregelungsanästhesie ausgerechnet die Therapieform von den Vertretern der Medizin und der GKV diskreditiert wird, die bei den Betroffenen die größte Resonanz findet. Deshalb möchte ich dies dem Forum einmal an prominenter Stelle zur Kenntnis geben.

Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie empfehlen eine Operation im Allgemeinen ab einem Kontrakturgrad von mindestens 20-30°. In Deutschland wird die partielle Fasziektomie auch als „Goldstandard“ (Loos et al., 2007) oder „Standardtherapie“ (Brenner und Rayan, 2003) zur Behandlung der Dupuytren’schen
Kontraktur bezeichnet. Man könnte auch sagen, als Lizenz zum Geld drucken.

http://www.g-ba.de/downloads/92-975-50/2...ul3A_Xiapex.pdf

Zuletzt bearbeitet am 09.05.13 17:06

10.05.13 12:37
stefan19652 
10.05.13 12:37
stefan19652 

Re: Die PNF und ihre Bewertung durch die Lobbyisten (G-BA)

gerdos:
Im Dokument (Dossier) Modul 3 A des GBA vom 1.11.2011 fand ich folgende Bewertung der PNF (Dem G-BA wird vorgeworfen, er sei ein Instrument von Krankenkassen und Politik zur Rationierung im Gesundheitswesen zulasten der Patienten. - wikipedia):

"Die PNF eignet sich selbst bei Aufteilung auf mehrere Anwendungsgebiete nicht als
zweckmäßige Vergleichstherapie in Deutschland. Insgesamt kommt dieser Behandlungsoption in Deutschland in der Praxis nur ein Nischendasein zu. Die bei weitem häufigste in Deutschland angewandte Methode ist die
Fasziektomie, insbesondere die partielle Fasziektomie, mit einem Versorgungsanteil von über 80% (Dias et al., 2011, AMS GmbH, 2011). Sie gilt als Standardtherapie und wird präferentiell auch bei Kontrakturen der Tubiana-Grade I und II eingesetzt. Deutlich weniger als 10% der Fälle werden hingegen durch PNF behandelt. Eine vorzugsweise Behandlung von Kontrakturen der Grade Tubiana I und II, wie durch den G-BA festgelegt, ist aus den vorliegenden Daten nicht ableitbar (siehe Abschnitt Perkutane Nadelfasziotomie (PNF)):

Eine Schätzung unter niedergelassenen Fachärzten ergab für die PNF einen vermuteten Anteil von weniger als 10% (9,7 +/- 1,7%) der durchgeführten Prozeduren (AMS GmbH, 2011). Stichprobenauswertungen von Patientenakten (Dias et al., 2011) berichten einen Anteil von 4%. Die Auswertung von Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherungen zeigen niedrigere Werte. Im Jahr 2008 sind von insgesamt 14.540 in klinischen Hauptabteilungen wegen Dupuytren’scher Kontraktur durchgeführten Eingriffen nur 24 unter der Ziffer 5-842.1 (Fasziotomie, perkutan) abgerechnet worden. Das entspricht 0,17%. Im ambulanten und belegärztlichen Bereich zeigen die Zahlen für 2009 ähnlich niedrige Frequenzen. Von insgesamt 40.495 abgerechneten OPS-Ziffern 5-824.ff entfielen auf 5-824.1 30 Abrechnungsvorgänge (0,07%) (Rüggeberg, 2010).

Fazit
Da es sich bei PNF auch in den durch den G-BA genannten Stadien um eine in Deutschland nicht als Standardtherapie eingesetzte und damit insoweit nicht etablierte Therapie handelt, kann es sich nicht um eine Vergleichstherapie handeln, die sozialrechtlich zweckmäßig wäre."

Ich bin sehr empört und finde es einen Skandal, dass mit einer derartigen Sprachregelungsanästhesie ausgerechnet die Therapieform von den Vertretern der Medizin und der GKV diskreditiert wird, die bei den Betroffenen die größte Resonanz findet. Deshalb möchte ich dies dem Forum einmal an prominenter Stelle zur Kenntnis geben.

Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie empfehlen eine Operation im Allgemeinen ab einem Kontrakturgrad von mindestens 20-30°. In Deutschland wird die partielle Fasziektomie auch als „Goldstandard“ (Loos et al., 2007) oder „Standardtherapie“ (Brenner und Rayan, 2003) zur Behandlung der Dupuytren’schen
Kontraktur bezeichnet. Man könnte auch sagen, als Lizenz zum Geld drucken.

http://www.g-ba.de/downloads/92-975-50/2...ul3A_Xiapex.pdf



Hallo Gerdos, Du hast ja quasi voll recht. Allerdings sehe ich das inzwischen etwas anders. Es ist nicht die lizenz zum gelddrucken, sondern die "notwendigkeit" zum gelddrucken. Ich könnt nun zig beispiele bringen. Aber wichtig ist nur, dass es zum glück ärzte gibt, die z.b. auch fürn appel und nen ei die PNF durchführen. Weil, geld verdienen kann ein doc erst richtig, wenn er die haut durchschneidet, bzw. den körper öffnet. So ist das system...noch.
Warum ich das so sage..? ganz einfach, eine autowerkstatt verdient inzwischen an einem ölwechsel bald mehr geld, als ein doc an einer PNF. Das find ich pervers.

Darum gibt es ja auch "uns" die versuchen die schräglage zu ändern.
Das alleroberste problem sehe ich darin, dass ma bei beschwerden zum ahusarzt geht und dieser natürlich zu systembedingten passenden behandlungen "überweist".

So lange der hausdoc nichts neues weis, wird er eben immer das alte empfehlen. Das ist nunmal so...bisher.

VG S.

Ich bin: http://www.dupuytrensche-kontraktur.de/umfrage

10.05.13 20:40
gerdos 

Moderator

10.05.13 20:40
gerdos 

Moderator

Re: Die PNF und ihre Bewertung durch die Lobbyisten (G-BA)

Um die Bezeichnung "Handchirurg" führen und in dieser Disziplin behandeln zu dürfen, müssen Mediziner eine 3-jährige Zusatzweiterbildung absolvieren. Die Voraussetzung dieser Zusatzweiterbildung ist eine Anerkennung als Facharzt für Plastische Chirurgie, Chirurgie, Unfallchirurgie oder Orthopädie. Ein Arzt, der jahrelang klinisch als Experte für handchirurgische Eingriffe tätig war, könnte sich nur schwer beruflich verändern. Falls er keine vergleichbare Anstellung als Handchirurg findet, müßte er im ungünstigsten Fall als Assistenzarzt in der Bauchchirurgie von vorn beginnen. Derartige "Spezialisten" sind daher auf die Bestandssicherung ihres Klientels angewiesen.

Das oben von mir zitierte Dossier enthält unter anderem die Information, dass nach Aussagen der GKVen jedes Jahr über 19 Mio Patienten wegen Morbus Dupuytren behandelt werden. Über den prozentualen Anteil der offenen Fasziektomie als Standardtherapie habe ich oben etwas gesagt (80 %). Die Kosten belaufen sich dafür auf rund 40 Mio Euro jährlich. Ein üppiges Sümmchen. Wobei Handchirurgen schon bei einer Streckdifferenz von 20-30 Grad eine Indikation zur Fasziektomie sehen. Vielleicht ist es so zu erklären, dass sich die PNF nicht etabliert und bei den Hausärzten -auch bei meinem, wie ich vor wenigen Tagen feststellte- gänzlich unbekannt ist.

Zuletzt bearbeitet am 10.05.13 20:44

18.05.13 03:05
stefan19652 
18.05.13 03:05
stefan19652 

Re: Die PNF und ihre Bewertung durch die Lobbyisten (G-BA)

gerdos:
Um die Bezeichnung "Handchirurg" führen und in dieser Disziplin behandeln zu dürfen, müssen Mediziner eine 3-jährige Zusatzweiterbildung absolvieren. Die Voraussetzung dieser Zusatzweiterbildung ist eine Anerkennung als Facharzt für Plastische Chirurgie, Chirurgie, Unfallchirurgie oder Orthopädie. Ein Arzt, der jahrelang klinisch als Experte für handchirurgische Eingriffe tätig war, könnte sich nur schwer beruflich verändern. Falls er keine vergleichbare Anstellung als Handchirurg findet, müßte er im ungünstigsten Fall als Assistenzarzt in der Bauchchirurgie von vorn beginnen. Derartige "Spezialisten" sind daher auf die Bestandssicherung ihres Klientels angewiesen.

Das oben von mir zitierte Dossier enthält unter anderem die Information, dass nach Aussagen der GKVen jedes Jahr über 19 Mio Patienten wegen Morbus Dupuytren behandelt werden. Über den prozentualen Anteil der offenen Fasziektomie als Standardtherapie habe ich oben etwas gesagt (80 %). Die Kosten belaufen sich dafür auf rund 40 Mio Euro jährlich. Ein üppiges Sümmchen. Wobei Handchirurgen schon bei einer Streckdifferenz von 20-30 Grad eine Indikation zur Fasziektomie sehen. Vielleicht ist es so zu erklären, dass sich die PNF nicht etabliert und bei den Hausärzten -auch bei meinem, wie ich vor wenigen Tagen feststellte- gänzlich unbekannt ist.


hi Gerdos, Deine zahlen sind ja schick :-)

das Dein doc das "gänzlich unbekannt ist"...das ist das problem. Aber auch irgendwie verständlich.

Mein Hausdoc schickt mich auch immer zu seinen spezis die er mag. Liegt einfach daran, dass er es so kennt, und er mit den kumpels auch studiert hat (vor 30 jahren). Was will man da machen. Er sagt ja nie, "hey, mein kumpel ist alt und hat keine ahnung von neuen dingen".

Darum sollten wir weiter aufklärung betreiben.
Wird eh dauern bis das fruchtet.

:-) S.



Ich bin: ---- Aktueller Umfragebogen zu Dupuytren ---- =:-)

19.05.13 13:12
wach 

Administrator

19.05.13 13:12
wach 

Administrator

Re: Die PNF und ihre Bewertung durch die Lobbyisten (G-BA)

Ich bin Patientenvertreter für Dupuytren im G-BA und war bei den vorbereitenden Diskussionen zum Teil anwesend. Ein paar Bemerkungen zur Klärung:

1. die aktuellen Dokumente bezüglich Xiapex sind auf http://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/11/ . Beim Lesen muss man berücksichtigen, wer das Dosier erstellt hat. Das oben von Gerdos zitierte Dossier ist von Pfizer. Die Stellungnahme des G-BA ist zusammengefasst in den "Tragenden Gründen" http://www.g-ba.de/downloads/40-268-1924...agenase_TrG.pdf. Der G-BA sieht die PNF als Referenzmethode für Tubiana Stadium 1und und 2 (= Fingerkrümmung kleiner 90 Grad) und die Operation als Referenzmethode für stärkere Krümmungen.

2. In Deutschland werden nicht jedes Jahr 19 Millionen behandelt, das wäre viel zu viel. Es sind ca. 60.000 pro Jahr. Das ist eine Hochrechnung, weil die GKV keine Zahlen der PKV hat.

3. Die Aufgabe des G-BA ist klar definiert: Kostensenkung im Gesundheitswesen. Dazu werden z.B. neue Medikamente auf Ihren Nutzen hin beurteilt. Falls kein Zusatznutzen im Vergleich mit etablierten Behandlungen nachgewiesen ist, darf der Pharmahersteller langfristig nicht mehr verlangen als die etablierte Methode kostet, sonst zahlen es die Kassen nicht. Bei Dupuytren dürfte Xiapex nicht mehr kosten als eine PNF (ca 280 Euro) oder eine ambulante OP (ca 400 Euro; Nachbehandlungen sind jeweils nicht berücksichtigt). Nachdem Xiapex in Deutschland ca. 1200 Euro pro Spritze kostet (eine Behandlung im Durchschnitt = 1,2 Spritzen), sah Pfizer keinen Weg den geforderten Preis zu erreichen und hat das Mittel lieber vom deutschen Markt genommen. Die Zulassung gilt aber weiter, deshalb darf Xiapex importiert werden. Inzwischen hat sich Pfizer ganz aus dem Vertrieb von Xiapex in Europa zurückgezogen. Der europäische Vertrieb wird zukünftig vom Hersteller Auxilium organisiert. An der Lage in Deutschland ändert sich vorerst nichts.

4. Mein Eindruck als Patientenvertreter im G-BA ist, dass sich der G-BA bei der Bewertung und den Entscheidungen erhebliche Mühe macht und auch Patienten hört. Mit entscheiden dürfen die Patienten allerdings nicht (würde aber auch keinen Unterschied machen, die Mehrheiten sind durch GKV, Krankenhäuser und Ärzte vorgegeben). Die Forderung des G-BA nach einem nachgewiesenen Zusatznutzen (falls der Preis höher sein soll), scheint mir persönlich generell vernünftig. Im Detail führt das allerdings manchmal zu unerwünschten Folgen. Zum Beispiel kann es passieren, dass ein Pharmahersteller die Zulassung eines Medikament für eine bestimmte Krankheit zurückgibt, obwohl es dafür sehr wirksam ist. Der Pharmahersteller nutzt das Medikament dann lieber für einen andere Krankheit, wo die Vergleichstherapie teurer ist und er einen höheren Preis erzielen kann. Das war von der Politik so wahrscheinlich nicht gewünscht.

Generell sind sowohl Kassen als auch Pharmahersteller primär am Gewinn interessiert, der Patient ist dazu ein Mittel. Die Kassen wollen Kosten senken, die Pharmafirmen möglichst hohe Preise erzielen. Die Rechnung zahlt so oder so der Patient. Der G-BA ist nicht schuld daran, er versucht nur sowas wie einen Interessenausgleich.

Wolfgang

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